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Starkes Comeback
Dunkel Hell

Starkes Comeback

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  • Oberbürgermeister Andreas Starke stellt sich im Interview unseren Fragen über das politische Scheitern. Zwei Niederlagen musste er hinnehmen, bevor er in das höchste Amt der Stadt gewählt wurde.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Starke, Ihre erste politische Bewährungsprobe, die Oberbürgermeisterwahl 1988, war gleich Ihre erste politische Niederlage. Wie bewerten Sie heute Ihren gescheiterten Versuch?

Heute muss ich sagen, dass mich dieser erste Fehlversuch eher einen Schritt vorangebracht als belastet hat. Ich war mit 31 Jahren relativ jung und eine Verlegenheitslösung, da sich kein anderer SPD-Kandidat fand. Doch ich konnte damals mit einem Ergebnis von 41,2 % bereits einen Achtungserfolg für die SPD im politisch konservativ geprägten Bamberg erringen. Daher habe ich viel positive Energie aus dem Fehlversuch gezogen.

Bei Ihrem zweiten Anlauf im Jahr 1994 sind Sie sogar in die Stichwahl gekommen.
Wie enttäuscht waren Sie, es dann wieder nicht ins Amt geschafft zu haben?

Als ich mich 1994 erneut zur Wahl gestellt habe, waren meine Erwartungen viel höher. Die Stichwahl zu erreichen und dann schließlich doch zu scheitern, war für mich natürlich eine Enttäuschung, die ich wegstecken musste.

Wie haben Sie Ihre Niederlagen verarbeitet?

Bürgermeisterwahlen sind immer Persönlichkeitswahlen. Deshalb musste ich nach der Wahl sowohl mich selbst als auch meine Kampagne hinterfragen. Fehler musste ich mir eingestehen. Man muss diese negativen Gefühle zulassen und sich genügend Zeit nehmen, die Enttäuschung zu verarbeiten. Ich gewann dadurch die Bereitschaft, wieder etwas Neues zu beginnen und mir neue Ziele zu setzen. Außerdem wusste ich: Es ist keine Schande, in der Demokratie eine Wahl zu verlieren.

Wie schwer war es, eigene Fehler anzuerkennen?

Das ist nie einfach, aber notwendig. Mit Selbstdisziplin ist mir das gelungen. Man muss sein Handeln reflektieren und sich anschauen, was falsch gelaufen ist und wie man diese Dinge verbessern kann. Man darf aber nicht zu lange rückwärts schauen und muss möglichst bald versuchen, neue Aufgaben anzupacken. Niederlagen sind in der Politik alltäglich. Auch im Alltagsgeschäft muss ich mit Niederlagen umgehen können.

Foto: Maximilian Krauss

Erfolgreich zu sein, ist einfach. Mit Niederlagen umzugehen, ist eine Herausforderung

Hat Ihnen die Analyse bei den jüngsten Wahlen geholfen?

Klar. Ich mache mir permanent Gedanken darüber, was die Bamberger Bürger in den jeweiligen Situationen von einem Oberbürgermeister erwarten und welche Anforderungen von ihm zu erfüllen sind. Das habe ich umgesetzt. Ich habe auch gelernt, mich professioneller zu verhalten. Das Amt des Oberbürgermeisters hängt sehr an der Person, deren Kompetenz, deren Kommunikationsfähigkeit und Bürgernähe.

Wie wichtig ist ein intaktes Umfeld in solchen Situationen?

Meine Familie und Freunde waren mir in der Zeit von politischen Niederlagen sehr wichtig. Sie haben mir die nötige Ablenkung und die Möglichkeit zur Selbstkritik gegeben. Mit ihnen konnte ich auch mal über unpolitische Themen wie Kunst, Kultur oder Sport reden. Auch das macht den Kopf bei einem Verlust frei. Da ist es gut, wenn man Menschen und Interessen hat, durch die man seinen Horizont erweitern kann.

Zur Wahl im Jahr 2000 sind Sie nicht mehr angetreten. Erst 2006 haben Sie einen neuen Versuch gewagt. Gab es bei Ihnen Überlegungen, sich aus der Politik zurückzuziehen?

Nein, ich blieb ja im Stadtrat. Erfolgreich zu sein ist relativ einfach, mit Niederlagen aber richtig umzugehen, ist eine Herausforderung. Also wurden die Anstrengungen verdoppelt, als Fraktionsvorsitzender im Stadtrat und im ehrenamtlichen Engagement. Mit den Lehren aus den beiden Fehlversuchen habe ich mich mit viel Zuversicht 2006 wieder zur Wahl gestellt und bin auch überzeugend 2006 gewählt und 2012 wiedergewählt worden. Alte Fehler habe ich nicht wiederholt und ich wusste besser, worauf es ankommt. Die negativen Erfahrungen habe ich ins Positive gewendet. Ich bin heute davon überzeugt:
Ohne die vorangegangenen Niederlagen hätte ich die richtigen Schlussfolgerungen nicht gezogen und damit die Wahlen von 2006 und 2012 nicht gewonnen.

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